Nachrichten der WGW

Finanzen sind mehr als nur die Zahlen in der Bilanz

In den vergangenen Wochen kamen in unterschiedlichen Kreisen immer wieder Diskussionen zur wirtschaftlichen und finanziellen Situation der Gemeinde auf. Die Kernaussage lautete oft: „Wir stehen gar nicht so schlecht da, wie immer dargestellt.“ Hieraus resultierte auch die Forderung, Projekte, die nicht abgeschlossen wurden, wieder aufzunehmen. Dies möchten wir noch einmal aufgreifen:

Mit dem Haushalt 2024 wurde auch die Eröffnungsbilanz für das Jahr 2022 beraten. Diese wurde im Rahmen der Umstellung auf die doppelte Buchführung für Kommunen erstellt. Hierin wurden die Vermögenswerte der Gemeinde systematisch erfasst, bewertet und dokumentiert. Betrachtet man nunmehr diese Bilanz der Gemeinde Wrist, so ist tatsächlich zu sagen, dass wir über eine hohe Summe an Eigenkapital sowie Anlagevermögen verfügen. Aber Achtung: Dies entspricht zuerst einmal dem Buchwert, die dahinterstehenden Werte liegen nicht auf den Konten der Gemeinde.

Für die tatsächliche Bewertung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage ist die Ergebnisrechnung der Gemeinde Wrist für das Jahr 2024 genauer anzusehen. Schauen wir uns diese an, so stellt sich die Situation bereits anders dar. Diese weist für das Haushaltsjahr 2024 ein Defizit von 924.400 € aus. Dieses Minus wird in der Fortschreibung für die kommenden Jahre nur langsam abgebaut.

Was ist nun aber der Unterschied zwischen der Bilanz und der Ergebnisrechnung?

Die Bilanz stellt – vereinfacht gesagt – den Wert der Gemeinde zu einem bestimmten Stichtag fest. Hierin finden sich alle Vermögensgegenstände wieder. Dies ist keineswegs damit gleichzusetzen, dass die entsprechenden Summen tatsächlich als Barvermögen zur Verfügung stehen. Vielmehr handelt es sich in vielen Bereichen um reine Buchwerte.

Bei der Ergebnisrechnung – vergleichbar mit dem privaten Haushaltsbuch – werden jedoch die tatsächlichen Einnahmen den Ausgaben gegenübergestellt. Die sich daraus ergebende Differenz entspricht dem Gewinn oder eben dem Defizit der Gemeinde. Aktuell zeichnet sich – getrieben durch die Projekte der Gemeinde – ein Defizit im Haushalt ab. Dieses Defizit gilt es, möglichst klein zu halten, da ein zu hohes Defizit weitreichende Folgen für die Gemeinde und geplante Investitionen hat.

Ähnlich wie im privaten Umfeld gilt auch für uns als Gemeinde: Ein hohes Eigenkapital bzw. Sachvermögen ist grundsätzlich positiv und auch wichtig, um entsprechende Finanzierungen zu sichern. Diese Werte sorgen allerdings nicht dafür, dass die Kredite, welche die Gemeinde aufnimmt, auch tatsächlich bedient werden. Für Zinsen und Tilgung müssen wir als Gemeinde für eine ausreichende Liquidität sorgen. Da wir auf der Einnahmenseite als Gemeinde limitiert sind, müssen wir zwischen Einnahmen und Ausgaben ein entsprechendes Gleichgewicht behalten. Neben den Einnahmen der Gemeinde – Steuerzahlungen, Mieten und andere Umlagen – können wir als Gemeinde auch Kredite aufnehmen. Aber auch im kommunalen Bereich ist seit geraumer Zeit ein Anstieg der Zinsen zu beobachten, sodass wir uns bei einer Kreditaufnahme auch mit höheren Zinszahlungen belasten. Somit ist diese Möglichkeit für uns als Gemeinde zwar wichtig, muss aber auch mit Bedacht eingesetzt werden.

Warum ist es wichtig, diese Zusammenhänge zu verdeutlichen?

Die Gemeinde stemmt aktuell mit dem Bau des Ärztehauses bereits ein großes Projekt. Hinzu kommt ein weiteres, in naher Zukunft wichtiges Vorhaben: der Ausbau unserer Grundschule. Unser finanzielles Handeln sollte also darauf ausgelegt sein, dieses wichtige Projekt nicht zu gefährden. Denn mit diesem Ausbau sichern wir die Zukunft und Attraktivität unseres Ortes und schaffen einen Mehrwert für unsere Familien und Kleinsten in der Gemeinde.

Noch eine Anmerkung am Rande

Als Gemeinde können wir von Förderprogrammen profitieren. Diese sind ein wichtiger Bestandteil der Gemeindefinanzierung. Hier gilt es aber auch abzuwägen: Erhalten wir zum Beispiel für einen geplanten Neubau mit einem Wert von 400.000 € eine Förderzusage in Höhe von 100.000 €, so ist dies ein enormer Zuschuss, der das Projekt überhaupt erst ermöglicht. Zeichnet sich jedoch in der Planungsphase des Baus ab, dass aus den geplanten 400.000 € eine Summe von etwa 600.000 € wird, so ist dieses Projekt bereits zu hinterfragen. Hier ist eines immer wichtig zu berücksichtigen: Egal welche Fördersumme wir erhalten, einen beträchtlichen Eigenanteil müssen wir als Gemeinde stets selbst stemmen und dieses Geld muss in der Regel finanziert werden. Durch steigende Kosten kann der ursprünglich beträchtliche Förderanteil von etwa 25 Prozent auf etwa 16,5 Prozent schrumpfen und die Umsetzbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Finanzierung in Frage stellen.

Was möchten wir damit sagen?

Es liegt uns am Herzen, unsere Gemeinde nachhaltig positiv zu gestalten, hierbei aber auch unsere eigenen finanziellen Grenzen nicht aus den Augen zu verlieren. Trotz der anstehenden Projekte möchten wir eine zukunftsfähige Gemeinde schaffen, die den Ansprüchen der Wristerinnen und Wrister – ohne diese zusätzlich zu belasten – gerecht wird.

Jan Utterodt